Clickbait & Fake News: Warum wir klicken

Jeder kennt es: Eine reißerische Überschrift auf Social Media schreit „Schockierende Enthüllung – du glaubst nie, was dann passiert ist!“ Neugierig klicken wir – und sind am Ende oft enttäuscht. Clickbait begegnet uns täglich im Netz, doch warum funktioniert er so gut? Und wie hängt das Ganze mit Fake News zusammen? In diesem Artikel erfährst du, was hinter Clickbait steckt, warum wir immer wieder darauf hereinfallen – und wie du dich schützen kannst.

KI-generiertes Bild (Quelle: Neuroflash, Fake News Guide)

Clickbait: Was ist das eigentlich?

Clickbait – auf Deutsch etwa „Klickköder“ – bezeichnet reißerische Überschriften, Vorschaubilder oder Thumbnails, die vor allem eines wollen: Aufmerksamkeit und Klicks. Oft geht es nicht darum, qualitativ gute Inhalte zu liefern, sondern möglichst viele Seitenaufrufe zu generieren. Der tatsächliche Informationswert bleibt wiederum gering. Typische Merkmale:

Sensationslust: Wörter wie „schockierend“, „unglaublich“ oder „mega krass“ sollen starke Emotionen auslösen.

Neugierlücke: Wichtige Details werden weggelassen, um Spannung zu erzeugen („Du glaubst nie, was dann geschah…“).

Übertreibung: Große Versprechen, die der Inhalt oft nicht halten kann.

Provokation: Umstrittene Formulierungen, die Empörung oder Aufregung provozieren.

Auffällige Gestaltung: Bunte Bilder, Großbuchstaben, rote Kreise, viele Ausrufezeichen.

Das Ziel dahinter ist simpel: Klicks bringen Reichweite, und Reichweite bringt Geld – meist durch Werbung. Betreiber unseriöser Seiten setzen deshalb gezielt auf diese Taktik, selbst wenn der Inhalt dürftig ist.

Ein Beispiel: „Star XYZ tot – Fans in Schock!“ Beim Klick stellt sich heraus: XYZ lebt, es geht nur um einen Gerüchte-Tweet. Wer einen solchen Artikel liest, merkt oft schnell, dass er mehr verspricht, als er am Ende hält. Dein Klick hat trotzdem gezählt – für die Seite ein Gewinn, für dich meist Zeitverschwendung.

Clickbait und Fake News: Wie beides zusammenwirkt

Clickbait und Fake News verstärken sich oft gegenseitig. Fake News sind absichtlich verbreitete Falschinformationen – und um diese unter die Masse zu bringen, brauchen ihre Urheber Aufmerksamkeit. Reißerische Clickbait-Überschriften liefern genau das.

Studien zeigen: Inhalte, die Wut oder Staunen auslösen, verbreiten sich in sozialen Medien viel schneller als nüchterne Fakten. Eine große MIT-Studie ergab, dass Falschmeldungen auf Twitter sechsmal so schnell geteilt werden wie die Wahrheit. Überraschung, Bestätigung von Vorurteilen, Vereinfachung – das sind die Erfolgsfaktoren. Clickbait liefert all das. Gerade beim gezielten Clickbaiting werden Fake News so verpackt, dass sie maximal Emotionen wecken und sich rasend schnell verbreiten.

Ein Beispiel aus der Politik: Ende 2024 kursierte auf YouTube die Falschmeldung, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei zurückgetreten. Titel wie „Eskalation: Ursula von der Leyen Rücktritt!“ machten die Runde. Die Kanäle traten unter Namen wie „News Live“ auf und wirkten auf den ersten Blick seriös. Das Ergebnis: Hunderttausende Klicks, wütende Kommentare – und ein handfester Fake-News-Skandal. Dieses Beispiel zeigt, wie gefährlich die Kombination aus Clickbait und gezielten Falschmeldungen sein kann.

Doch nicht jeder Clickbait ist gleich eine Lüge. Manchmal wird nur übertrieben oder weggelassen, was wichtig wäre. Problematisch wird es, wenn aus Halbwahrheiten gezielte Desinformation wird.

Warum wir auf Clickbait hereinfallen – psychologische Gründe

Die Mechanismen hinter Clickbait ähneln oft denen, die auch bei der Verbreitung von Fake News wirken. Sie nutzen emotionale Trigger, kognitive Verzerrungen und unsere Neugier – ein Muster, das in der Psychologie gut dokumentiert ist. Wir wissen es eigentlich besser – und klicken trotzdem. Wieso?

Neugier: Clickbait spielt mit der sogenannten Neugierlücke. Unser Gehirn will offene Fragen schließen. „Du glaubst nie, was passiert ist“ aktiviert genau diesen Reflex. Wir wollen unbedingt erfahren, was sich hinter der Überschrift verbirgt, und lassen uns deshalb oft zu einem schnellen Klick verleiten.

Emotionen: Wut, Angst, Freude – starke Gefühle überrollen oft unseren kritischen Verstand. „Unfassbarer Betrug!“ oder „Dieses Video bringt alle zum Weinen“ – solche Überschriften zielen auf den Bauch, nicht auf den Kopf.

Bestätigung: Menschen klicken eher auf Inhalte, die ihre Meinung stützen. „Endlich sagt es mal jemand!“ suggeriert, dass hier „die Wahrheit“ enthüllt wird – und das fühlt sich gut an.

Soziale Dynamik: Wenn viele klicken, wollen wir dabei sein. Auf Social Media entsteht ein Mitmach-Druck: Niemand will etwas verpassen. Fear of Missing Out (FOMO) macht Clickbait noch erfolgreicher.

Kurz gesagt: Clickbait nutzt menschliche Urinstinkte. Wir sind neugierig, reagieren auf Emotionales und möchten dazugehören. Diese Mechanismen sind keine Schwäche – aber sie machen uns anfällig.

Emotional berührende Geschichten: Inhalte, die Mitgefühl auslösen, werden gerne geteilt – vor allem auf Social Media Plattformen wie Facebook oder Instagram.

Welche Inhalte besonders gut klicken

Wenn es um Clickbaiting und Fake News geht, sind es immer ähnliche Inhalte, die unsere Aufmerksamkeit fesseln. Das liegt an einem simplen psychologischen Mechanismus: Bestimmte Themen triggern starke Emotionen oder ein unmittelbares Bedürfnis nach mehr Informationen. Solche Appelle funktionieren vor allem dann gut, wenn sie mit reißerischen Überschriften oder auffälligen Thumbnails kombiniert werden.

Vor allem diese Themenbereiche stehen hoch im Kurs:

Skandale & Promi-News

Sensationen rund um bekannte Persönlichkeiten funktionieren immer, weil wir soziale Wesen sind und gerne wissen wollen, was andere tun.

Gesundheit & Schock-News

Titel wie „Neue Studie schockt Ärzte!“ wirken stark auf unsere Ängste und das Bedürfnis nach Sicherheit.

Sexualisierte Inhalte

Klassiker des Clickbaitings sind reißerische Videos oder Bilder, die mit Sex-Appeal spielen.

Lifehacks & Geheimtipps

Alles, was suggeriert, dass du exklusive Informationen erhältst, sorgt für Klicks – besonders, wenn „ein einfacher Trick“ beworben wird.

Gerade auf Seiten, die viel mit Videos arbeiten (z. B. YouTube), sind diese Appelle besonders erfolgreich. Auch social media insgesamt bietet den perfekten Nährboden für solche Inhalte, da sie schnell viral gehen und damit weitere Klicks erzeugen.

Clickbait Beispiele aus Social Media, Nachrichtenportalen und YouTube

Clickbait ist überall. Ein Blick auf die wichtigsten Plattformen:

Soziale Netzwerke Facebook, Instagram & Co. sind Clickbait-Hochburgen. Ein Facebook-Post mit Text wie „Dieser Vater öffnet die Kiste seines Sohnes – was er darin findet, verändert alles!“ zieht sofort Aufmerksamkeit. Oft stecken Like-Farmen oder zweifelhafte Seiten dahinter.

Ein legendäres Beispiel: Das Katapult-Magazin postete einmal „Skandal: Beate Zschäpe zeigt Brüste im Gerichtssaal“ – frei erfunden, als Experiment. Ergebnis: fünfmal mehr Klicks als üblich. Die Botschaft: Sensation schlägt Sachlichkeit – auch bei einem aufgeklärten Publikum.

Online-Nachrichtenportale Selbst etablierte Medien nutzen Clickbait. Beispiel: „Kane-Poker immer heißer“ – monatelange Schlagzeilen zu einem möglichen Fußball-Transfer, ohne echte Neuigkeiten. Medien wie Bild setzen gezielt auf solche Spannungsschlagzeilen.

Noch problematischer: Webseiten, die Fake-News-Clickbait betreiben. 2018 titelte etwa proenergyinfo.com „Michael Schumacher tot“ – klickte man auf den Artikel, kam man auf einen kopierten Faktencheck von Mimikama, der das Gerücht widerlegte. Absurd, aber wirksam: Die falsche Überschrift lockte Massen an.

YouTube Auf YouTube gehören reißerische Thumbnails und Titel zum Standard. Das Video von MrBeast „I Survived 50 Hours in Antarctica“ hat in kürzester Zeit 100 Millionen Aufrufe erzielt. Überschriften wie „Ich habe 24 Stunden ___ gemacht – du glaubst nicht, was passiert ist!“ lockt Millionen in Challenge- oder Prank-Videos. Besonders kritisch wird es bei politischen Inhalten: Kanäle, die sich „Nachrichten Direkt“ nennen, suggerieren Seriosität – und verbreiten Falschmeldungen. Im Fall von Ursula von der Leyen klickten Hunderttausende auf solche Videos.

Wie du Clickbait erkennst und dich schützt

Die gute Nachricht: Du kannst lernen, Clickbait zu erkennen und souverän darauf zu reagieren. Hier ein paar Tipps, wie du dich vor Clickbait schützen kannst, ohne auf interessante Inhalte verzichten zu müssen:

Bleib kritisch bei reißerischen Headlines: Begegnen dir Überschriften, die extrem emotional oder unglaublich klingen, halte kurz inne. Frage dich: Klingt das realistisch? Oft hilft ein Reality-Check – z.B. wenn eine Schlagzeile schreit „Wundermittel entdeckt!“, überlege, ob seriöse Medien wohl darüber nicht auch berichten würden.

Prüfe die Quelle: Schau, wer die Info verbreitet. Ist es eine bekannte Nachrichtenseite, ein Satire-Portal oder eine unbekannte Facebook-Seite? Unseriöse Seiten erkennt man oft an merkwürdigen URLs oder daran, dass sie nur extreme Inhalte posten. Im Zweifel suche bei Google News. Keine andere Quelle zu finden? Finger weg – wahrscheinlich nur Clickbait oder Fake News.

Lass dich nicht von Emotionen steuern: Fühlst du dich gerade stark wütend, schockiert oder euphorisch aufgrund einer Überschrift? Warte einen Moment, bevor du impulsiv klickst oder teilst. Emotional aufgeladene Posts wollen genau diese Reaktion. Ein bisschen Skepsis schadet nie, vor allem wenn die Überschrift zu perfekt zur eigenen Meinung passt – hier wird vielleicht gerade mit deinem Confirmation Bias gespielt.

Scroll erst, klick später: Manche Social-Media-Posts oder Videos verraten in den Kommentaren oder der Beschreibung schon mehr. Oft schreiben Nutzer „Fake!“ oder posten einen Link zur Aufklärung (etwa von Correctiv oder Mimikama), wenn es sich um eine Falschmeldung handelt. Nutze diese Schwarmintelligenz, um Clickbait zu entlarven.

Kenntnis ist dein Schutz: Je mehr du über Clickbait-Maschen weißt, desto weniger fällst du darauf rein. Du liest gerade diesen Artikel – super! Informiere dich weiter über Fake News und fragwürdige Online-Tricks. Viele Organisationen wie Correctiv, Mimikama oder die Polizeiliche Kriminalprävention veröffentlichen regelmäßig Warnungen und Erklärstücke zu aktuellen Betrugsmaschen im Netz (siehe Quellen unten). Dieses Wissen hilft dir, Köder zu erkennen, bevor du anbeißt

„Think twice“ – denk zweimal nach: Nimm dir den Slogan des dpa-Projekts zu Herzen: Überlege dir zweimal, ob ein Inhalt den Klick wert ist. Im besten Fall verpasst du nichts Wichtiges, wenn du nicht klickst – denn wirklich relevante Nachrichten findest du auch auf seriösen Wegen. Deinem kritischen Denken verdankst du es, dass Clickbait-Verfasser an Macht verlieren.

Fazit: Warum kritisches Denken stärker ist als jede Schlagzeile

Das Ziel von Clickbaiting ist dabei immer dasselbe: deine Aufmerksamkeit zu binden und möglichst viele Aufrufe und Interaktionen zu erzielen – auch wenn die gelieferten Informationen oft dürftig sind. Damit wird deutlich: Nicht die Qualität zählt, sondern die Schlagkraft von Inhalten, die einen direkten psychologischen Reiz auslösen.

Wir alle sind schon mal auf Clickbait hereingefallen – und das ist okay. Wichtig ist, daraus zu lernen. Wenn wir verstehen, wie Clickbait funktioniert, können wir bewusster entscheiden, wo wir klicken – und wo wir den Köder links liegen lassen.

Denn je mehr Menschen kritisch mit reißerischen Inhalten umgehen, desto weniger Macht haben die, die uns täuschen wollen. Bleib neugierig – aber lass dich nicht austricksen.

Quellen / Referenzen anzeigen
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